netzwerkB setzt sich für eine Aufhebung des derzeit geltenden Prostitutions-Gesetzes und für die Einführung des „Abolitionsprinzips“ ein.



Käuflicher „Erwerb“ eines Körpers ist ein Ausdruck von Gewalt und Macht, und er gehört damit aus unserer Sicht geächtet.

In Deutschland gilt hinsichtlich der Prostitution das „Regulationsprinzip“. Dieses findet seinen Ausdruck im Prostitutionsgesetz, dem „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ – kurz ProstG. In Kraft getreten ist dieses Gesetz am 01.01.2002.

„Regulationsprinzip“ vs. „Abolitionsprinzip“

Wir haben eines der liberalsten Prostitutionsgesetze überhaupt. welches dem sogenannten „Regulationsprinzip“ folgt. Es akzeptiert die Prostitution und stellt diese unter staatliche Kontrolle. „Entkriminalisierung“ bedeutet, dass wir es inzwischen mit „Sexarbeit“ zu tun haben, die als herkömmliche Erwerbsarbeit gilt, seit das Gesetz in Kraft getreten ist. Das „Abolitionsprinzip“ hätte demgegenüber einerseits zum Ziel, Prostituierte nicht zu kriminalisieren, und andererseits alles, was mit Prostitution zusammenhängt wie Zuhälterei, Unterhaltung von Bordellen, unter Strafe zu stellen. Möglich wäre auch – wie beispielsweise in Schweden seit 1999 erfolgreich praktiziert – zusätzlich Freier zu kriminalisieren. Dieses Vorgehen hatte dort u.a. zur Folge, dass Prostitution und Menschenhandel deutlich zurückgegangen sind. In Schweden lernen die Kinder schon in der Grundschule, dass es Unrecht ist, Sex mit Frauen zu kaufen.

Die Mechanismen, in die „Mühlen“ der Prostitution zu geraten, sind vielfältig

Eine Reihe von Faktoren, wie z.B. die Hoffnung, sich aus oft trostlosen Perspektiven befreien zu können, spielen hierbei eine herausragende Rolle.

Armut, die Erfahrung, ausgebeutet zu werden, sexualisierte und andere Gewalterfahrungen in der Herkunftsfamilie, sind beispielsweise Bedingungen, welche die Mädchen und Frauen aber auch die Jungen und Männer, glauben hinter sich lassen zu können.

Oft sind es gerade bei den aus Osteuropa stammenden Prostituierten fälschlich versprochene Aussichten, beispielsweise als Kellnerin oder Tänzerin arbeiten zu dürfen, die sie in das ansonsten fremde Deutschland locken.

Sie finden sich dann in den Kreisläufen von Macht und Ohnmacht wieder, die auch der Prostitution eigen sind, in Kreisläufen, die generell bei Gewalt jedweder Form zu finden sind und die sie eigentlich zu verlassen suchten.

Bekannte Überlebensmuster auch bei Prostituierten

Oft entwickeln Betroffene von sexualisierter Gewalt, aber auch Opfer anderer Gewalterfahrungen in der Kindheit, innere Mechanismen zum Überleben, mit den auf sie einwirkenden Gewalttaten umzugehen.

Sie idealisieren zum Beispiel die Täter ihrer Kindheit, da es für Kinder unerträglich wäre zu merken, dass die Person, der sie vertrauen müssen, und von der sie existenziell abhängig sind, nicht vertrauenswürdig ist und ihnen im Gegenteil Schaden zufügt.

So lange die Idealisierung der Täter nicht aufgelöst wurde, kann  diese über einen langen Zeitraum, ggf. sogar über ein gesamtes Leben hinweg, aufrechterhalten werden.

Wie es oft bei Opfern sexualisierter und anderer Gewalt der Fall ist, sind sich Betroffene als Erwachsene ihrer teils schon früh erlittenen traumatischen inneren Verletzungen oft selbst gar nicht mehr bewusst. Um zu überleben, haben sie die traumatischen Erfahrungen aus ihrem Gedächtnis verdrängt, umgedeutet oder auf eine andere Art verleugnet, nur um überleben zu können.

Später greift die Idealisierung dann auch gegenüber den „Nachfolgern“ der Täter aus der Kindheit. Prostituierte sind dann beispielsweise blind gegenüber der Wirklichkeit, blind auch gegenüber den Versprechen der Menschenfänger, Zuhälter und ggf. auch gegenüber den Freiern.

Drogen- und Alkoholsucht führen nicht nur in die Prostitution hinein, sie werden auch von Prostituierten eingesetzt um auszuhalten, was die Prostitution mit ihren Körpern und in ihren Seelen anrichtet. Auch das Abspalten des eigenen Körpers – möglicherweise schon als Kind erlernt, um sexualisierte, aber auch anderweitig misshandelnde Gewalt zu überstehen – ist eine Möglichkeit, nicht mehr wahrzunehmen, was der Körper Tag für Tag erfährt.

Kreislauf der Abhängigkeiten

Oftmals werden horrende Mieten für die vom Zuhälter „geschützten“ Räume verlangt, in denen die Prostituierten die Freier bedienen.. Diese müssen durch eine hohes Ausmaß an sexuellen Dienstleistungen abbezahlt werden, was den Prostituierten oftmals aber nicht möglich ist. In Schulden und andere Abhängigkeiten hineingepresst und verstrickt, kann es auch für angeblich freiwillige Prostituierte ausgesprochen schwierig werden, sich jemals aus diesem fatalen Kreislauf zu lösen. Viele Prostituierte haben ein anderes, ein normales, wirklich selbstbestimmtes Leben, nie kennengelernt.

Wir setzen uns ein für eine Aufhebung des jetzigen Gesetzes und für die Einführung des „Abolitionsprinzips“ Wir sind der Überzeugung, dass es mit der Menschenwürde nicht vereinbar ist, den Kauf eines Körpers zu legalisieren, neben all den Risiken des Prostituiertenlebens wie z.B. extreme Gewalttätigkeit, Geschlechtskrankheiten, HIV und auch ungewollter Schwangerschaften.

Die in der Diskussion um die Legalisierung der Prostitution vielgepriesenen Begriffe „Freiwilligkeit“ und „Selbstbestimmung“ halten wir für sehr gewagte wenn nicht abwegige Thesen.

Die Prostitution fußt auf der Ausbeutung von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen, die, oftmals schon als Kind traumatisiert, aus den Kreisläufen der sexualisierten Gewalt und aus dem Ungleichgewicht der Machtverhältnisse nicht hinausfinden.

Die Entkriminalisierung der Prostituierten selbst war längst überfällig, und sie war ein wichtiges Signal. Allerdings, die Prostitution selbst und ihre „Betriebe“ zu entkriminalisieren, stehen der Menschenwürde der Prostituierten diametral entgegen. Diese Menschen können derzeit auf legalem Wege ausgebeutet und erniedrigt werden. Prostitution hält sich zudem oftmals in der Nähe organisierter Kriminalität auf und damit auch in der Nachbarschaft der „Geschäftszweige“ der unermesslichen Qual von Kinderprostitution und Kinderpornographie.

Nutznießer des gegenwärtig verfolgten „Regulationsprinzips“ sind ausschließlich organisierte und nicht organisierte Verbrecher und die Freier, nicht aber der Großteil der weiblichen und männlichen Prostituierten.

In diesen Zusammenhang verweisen wir auf unsere Pressemitteilung vom 29. August 2013:

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